Steinert: Übergang Radioprojekt
"FS_Aktive-Sendezeit-Uebergang" aus Die Frequenz Übergang von Fiona Steinert. Veröffentlicht: 2012.
A. Pez Ramstorfer Diskussionen
"Die Frequenz Diskussionsprozess" von Andreas Ramstorfer Pez. Veröffentlicht: 2012.
A. Ramstorfer Lizenzerteilung
"Frequenz_Stimmung Lizenzerteilung" von Andreas Pez Ramstorfer. Veröffentlicht: 2012.
A. Ramstorfer Montage Sender
"Frequenz_Montage Sender Donauturm" von Andreas Ramstorfer Pez. Veröffentlicht: 2012.
A. Pez Ramstorfer Renovierung
"Frequenz_Renovierung Schubertgasse" von Andreas Ramstorfer Pez. Veröffentlicht: 2012.
U. Somma über Radio-Technik
"Die Frequenz" von Udo Somma. Veröffentlicht: 2012.

Als das Ende der Radiopirat_innenphase aufgrund einer Erhöhung des Strafrahmens für illegales Senden (die Höchststrafe wurde von 5.000,00 Schilling auf 100.000,00 Schilling! hinaufgesetzt) und der hohen Kosten für die ständige Wiederbeschaffung beschlagnahmter Sender (insgesamt sollen zwischen 34 bis 36 Sender allein in Wien von der Post beschlagnahmt worden sein) abzusehen war, kam es im Juli 1993 zur Entscheidung innerhalb der Radioaktivist_innen den illegalen Sendebetrieb einzustellen und nun verstärkt auf den juristischen und politischen Kampf um eine Liberalisierung der Rundfunkordnung zu setzen und sich um eine Radiolizenz zu bewerben.

Das Lokal in der Rembrandtstrasse 32/1a im zweiten Bezirk wurde zum Knotenpunkt dieser Bemühungen und gleichzeitig zum Schulungsort für interessierte zukünftige Radiomacher_innen.

Kampf um eine Radiolizenz

Bereits im März 1993 gründeten die österreichischen nichtkommerziellen Radioinitiativen in Linz den Dachverband „IG Freies Radio“, der später in den „Verband Freier Radios Österreich“ umbenannt wurde. Er koordinierte und unterstützte die Bemühungen der lokalen Initiativen. Neben anderen Faktoren veranlasste die bereits 1989 vor dem Europäischen Gerichtshof eingebrachte Klage der Kärntner Aktionsgemeinschaft Offenes Radio (AGORA) mit anderen Beschwerdeführern (u. a. Jörg Haider) auf Verletzung des Artikels 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention die österreichische Regierung nun doch Gesetzesänderungen im Hörfunkbereich zu überlegen. In dem im Juli 1993 in Kraft tretenden Regionalradiogesetz waren allerdings Freie Radios trotz vieler Stellungnahmen in diese Richtung in der Begutachtungsphase, nicht vorgesehen, allerdings wurde zumindest Lokalradio neben dem Regionalradio erwähnt.

In Wien konnte sich die Pressure Group Freies Radio am 17. 1. 1994 in den „Verein zur Förderung und Unterstützung von Freien Lokalen Nichtkommerziellen Radioprojekten (Kurzname: Freies Radio Wien)“ umwandeln, ein Prozess der von den Behörden beträchtlich erschwert wurde – immerhin verfolgte man als ein Vereinsziel eine Tätigkeit – nämlich senden – die zu dieser Zeit noch als illegal galt. Da ab dem 1. 1. 1994 die Einreichung eines Antrages auf eine (der beiden) Regionalradiolizenzen in Wien möglich wurde, begann eine intensive Aufbauphase, wo Interessierte über das Projekt informiert und zum Mitmachen animiert wurden. Neben einer regelmäßigen Radiowerkstatt bei der die Teilnehmer_innen verschiedene Audioprodukte produzierten, die man dann gemeinsam im „Radio Café“ (im Blauen Café in der Eschenbachgasse) begann man Kulturinitiativen zu informieren und öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen zu organisieren.

Zu letzteren gehörten die Radio Days, die 1994, 1995 und 1996 im WUK stattfanden und ein breites Programm rund um Radio boten. Bei den ersten Radio Days von 20. bis 23. 1. 1994 gab es eine Radiowerkstatt, Kunstinstallation, ein Expert_innengespräch mit Marijana Grandits, Rudolf Nagiller, H. Tributsch, Franz Bauer, Hans Mahr und Andrea Danmayr (für den Verein Freies Radio Wien), ein Media Cafe und eine Kinderwerkstatt. In der Folge gab es noch viele andere Veranstaltungen, bei denen sowohl Künstler_innen als auch Politiker_innen, Intellektuelle, Universitätsangestellte und viele andere für die Anliegen des Vereins agitierten oder gratis auftraten und sich vernetzten. So wurde zum Beispiel das 1993 gegründete „Hörfestival Freier Radios“ im 1996 in Wien veranstaltet. Oder bei einer Benefizveranstaltung im TU-Club im Juni 1995 mit dem Titel „Die Beschwerde – für das Freie Radio Wien beschweren sich“ traten zahlreiche Kabarettist_innen auf. Diese Veranstaltungen zogen Interessierte an und bei der am 30. 3. 1994 abgegebenen Bewerbung des Vereins Freies Radio Wien um eine Regionalradiolizenz gab es bereits eine Liste an potentiellen Sendungen. Erwartungsgemäß erhielten in Wien zwei kommerzielle Mitbewerber den Zuschlag für die Regionalradiolizenzen – wie auch in allen anderen Bundesländern – und insgesamt legten sieben Freie Radios neben anderen abgelehnten Bewerber_innen dagegen Klage beim Verfassungsgerichtshof ein, was die Lizenzvergabe zuerst stoppte und zu einer Gesetzesnovelle führte.

Lobbying und Dschumsen

Die lange Zeit des Wartens während der Klage und der neuerlichen Gesetzesänderung nutzte der Verein zum intensiven Lobbying für seine Anliegen eines nicht-kommerziellen, freien Radiobetriebs mit offenem Zugang bei den verschiedensten Stellen – Politiker_innen auf allen Ebenen und in verschiedenen Parteien wurden ebenso bearbeitet, wie Magistratsbeamt_innen, Gewerkschafts- und Arbeiterkammervertreter_innen, NGOs, ÖH-Vertreter_innen etc.

Daneben gingen der Schulungsbetrieb weiter und ebenso das gemeinsame so genannte „Dschumsen“, das Anhören der produzierten Audiobeiträge. Zu anderen Medieninstitutionen wie dem Medienzentrum der Stadt Wien oder der VHS Stöbergasse wurden Kontakte geknüpft und Wissensaustausch betrieben bzw. die Ressourcen mitbenutzt. Die von der VHS Stöbergasse betriebene Bespielung der Mittelwellefrequenz 1476, die der ORF für Sendefenster der VHS überlassen hatte, wurde vom ORANGE 94.0 aber als unzureichende und vor allem für den lokalen Betrieb ungeeignete technische Alternative abgelehnt.

Die Frequenz

Mit 1. Mai 1997 trat das „Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird“ in Kraft und führte zur neuerlichen Ausschreibung von Regional- und Lokalradiolizenzen, wobei nun auch die freien Radios berücksichtigt wurden und im November 1997 erhielt ORANGE 94.0 gemeinsam mit sieben weiteren freien Radios unter insgesamt 43 genehmigten Lokalradiofrequenzen österreichweit die seine. Zuerst wurde dem Verein die Frequenz 93,3 mhz zugesprochen, aber dann kurzfristigst noch aufgrund technischer Probleme auf 94,0 mhz geändert. Die Sendeleistung war gesetzlich auf 100 Watt begrenzt, im Gegensatz zu den kommerziellen Privatradios, deren Leistung ein vielfaches davon ausmachte. Der Sendestart des Freien Radios in Wien konnte nun endgültig verwirklicht werden – es musste nun sogar sehr rasch angegangen werden, denn der frühestmögliche Sendestart war mit 1. April 1998 angesetzt und innerhalb eines Jahres mussten alle Sender, die eine Sendelizenz erhalten hatten, dann auch tatsächlich senden. Um dies verwirklichen zu können wurde ein neuer Standort mit Büro, Vorproduktion, Studio mit Sprecher_innenkabine und einem feuchten Keller als Veranstaltungs- und Versammlungsraum in der Schubertgasse 10 im neunten Bezirk zuerst unter Mithilfe verschiedener Institutionen renoviert und schließlich bezogen.

Am 17. August 1998 ging ORANGE 94.0 um Mitternacht dann tatsächlich erstmals on air und ist somit 2013 im 15. Sendejahr.

Neben vielen Veränderungen in den Vereinsstrukturen, im Team, beim Sendebetrieb und bei den hunderten Radiomacher_innen, die das Anwachsen des Projektes mit sich brachte, wurde im November 2005 wiederum ein Ortswechsel vollzogen und das helle und barrierefreie Gassenlokal in der Klosterneuburgerstrasse 1/Ecke Gaussplatz im 20. Bezirk als neuer Standort für das Freie Radio in Wien gewählt.

Orange ist keine Farbe!

Da der ORF aufgrund der Namensähnlichkeit mit Radio Wien den Namen Freies Radio Wien als Sendernamen nicht zuließ und mit einer Klage drohte, war man auf der Suche nach einem neuen Namen für den Sender, der Vereinsname wurde allerdings beibehalten. Dabei traf sich das Kernteam – so will es die Legende – in einer Privatwohnung zur Weihnachtsfeier und im Zuge von Geschenke auspacken blieb oranges Geschenkpapier am Tisch liegen. Als man sich später in der Brainstormingphase für einen geeigneten Namen befand, nahm Mischa Fischer das Papier in die Hand, starrte darauf und meinte dann: „Warum nennen wir es nicht Orange?“ Der Vorschlag kam auf die Liste und bei einer Auswahlsitzung ein paar Tage später, wurde Orange schließlich vor zwei anderen Namensvarianten ausgewählt. Die Spaltung der FPÖ und damit die Entstehung der „Orangen“, dem Bündnis Zukunft Österreich, durch Haider & Co erfolgte erst 2005 und die France-Telecom-Tochter Orange tauchte ebenfalls erst 2007 beim Kauf von One in Österreich auf. Da sich France-Telecom allerdings die Namensrechte auf Orange europaweit gesichert hat, darf der Schriftzug des Senders gedruckt nur in Kombination mit der Frequenz, also als ORANGE 94.0, verwendet werden. Als Senderfarbe wählte man schwarz, später kam grün als Komplementärfarbe zu orange hinzu – was in vielen Fällen zu verwirrten Nachfragen von Studiogästen und früher auch Journalist_innen führte, aber damit konnte auch der Slogan – Orange ist keine Farbe! – der die medien- und gesellschaftspolitische Botschaft eines freien, nicht-kommerziellen Mediums mit offenem Zugang transportieren sollte, oft und ausführlich erklärt werden.

Margit Wolfsberger

Zum Nachhören
12. Geburtstag im WUK
12 Jahre ORANGE 94.0 - Live Mitschnitt vom Geburtstagsfest im Wiener WUK - Interview Chris Weaver, Richard Thomas (Resonnance FM), Interview Marianne, Oskar (Bikekitchen, Lastenradkollektiv, Heavy Pedals)
12. Geburtstag im WUK
12 Jahre ORANGE 94.0 - Live Mitschnitt vom Geburtstagsfest im Wiener WUK - Begruessungmoderation, Interviews mit SprecherInnen einiger der am Energy-Day vertretenen Initiativen
11. Geburtstag im BRUT
11 Jahre ORANGE 94.0 - Live Mitschnitt vom Geburtstagsfest im Wiener BRUT/Künstlerhaus - Moderationen, Interviews u.a. mit Lost in Bass, Helga Schwarzwald, Andreas Pez Ramstorfer
12. Geburtstag im WUK
12 Jahre ORANGE 94.0 - Live Mitschnitt vom Geburtstagsfest im Wiener WUK - Live Act Wiener Beschwerdechor, Ansprache Helga Schwarzwald, Interview Karin Fisslthaler (Cherry Sunkist)

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